Über ein illegales Gewächshaus und korrekte Gemeinschaftsgärten …

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Gemüse / Selbstversorgung
Schönes Foto vom Gewächshaus im Gemeinschaftsgarten

OK ich tu jetzt einfach mal so, als wäre gar nichts gewesen nach meinem letzten Blog-Post über das Repair-Café. Ich schreibe einfach einen ganz normalen Bericht über die Gemeinschaftsgarten-Szene in Essen! Aber alle meine Freunde, bzw. diejenigen, die meine Facebook-Seite geliked haben, wollen sicher wissen, wie es mit Dennis weiter gegangen ist … dem Typen, der ganz ehrenamtlich, bzw. sehr ehrenhaft und anständig den Wackelkonktakt meines Vibrators behoben hat. Also versuche ich den Beitrag mal irgendwie geschickt einzufädeln …

Jaaa, wir hatten ein erstes Date. Ein cooles Fair-Trade-Coffee-Date, in einem idyllischen Café direkt an der Ruhr, um genau zu sein! Die Bedienung war leider ganz exorbitant, aber das konnte unseren Spaß auch nicht schmälern (bzw. hat uns nur noch mehr erheitert), aber gut, das ist eine andere Geschichte.

Ein Fair Trade Kaffee und ein Fair Trade Milchkaffee

Hey wir haben nicht so rumgeschlabbert, das hatte die Kellnerin schon vorsorglich für uns erledigt. Aber war trotzdem ein „Nachhaltiger Genuss!“ :)

Auf jeden Fall habe ich Dennis mal erzählt, was ich mit diesem Blog überhaupt bezwecken will, aber auch das ist auch eine andere Geschichte … (nee, das ist der Teil, den ich unter „Über“ schreiben will/sollte :)) Und er hat mir von diesem abgefahrenem illegalen Gewächshaus erzählt. Und weil ich mir das mal gerne ansehen wollte, haben wir ein weiteres Date ausgemacht. Welches natürlich auch mit einem Fair Trade Kaffee startete, bei Dennis auf der Couch. Lieben Dank an seine Schwester für den sehr leckeren Kaffee!
Dennis ist nämlich gar nicht so nachhaltig unterwegs, der begeistert sich hauptsächlich für Technik und ein bisschen für Energie-Themen. Aber seine Schwester hatte ihm vor Monaten mal eine Packung „guten“ Kaffee geschenkt, den er nur noch nicht angebrochen hatte, weil er dachte, das wär nur was für „besondere Anlässe“. Wie auch immer, der Anlass war jetzt gekommen, und genau SOOO beindruckt man heutzutage ’ne hippe Frau :D OK die bunte LED-Lightshow und die Bedienung der Haustechnik via Sprachbefehl ans Smartphone waren auch ganz cool, aber eine Aluminium-Schrott-Kapsel-Kaffeemaschine hätte mich definitiv abgeturnt!

Nach dem Aufwärmen sind wir dann durchgestartet … und Dennis wusste ganz genau, wo’s lang geht … also im Auto. Ganz ohne Navi fand er den Weg (schon wieder beeindruckt :)) und wir sind in’s Essener Südviertel gefahren, um dieses ominöse Gewächshaus zu besichtigen.

Ich hätte das meiner Ma gegenüber vorher echt nicht erwähnen sollen, jetzt hat sie sich den ganzen Tag Sorgen gemacht, dass ich irgendwelche krummen Dinger schiebe oder schon wieder ein Haus besetze, mit einem fremden Typen, den sie gar nicht kennt! Aber ich wollte sie ehrlich gesagt nicht so im Detail aufklären, à la „ach ich treff mich mit dem Dennis, der hat letztens sehr sympatisch meinen Dildo repariert“ … und dass das Gewächshaus gar nicht mehr illegal ist, wusste ich vorher nicht!

Egal, wir sind also angekommen und vor dem großen weiten Bauzaun herumgeschlichen. Das Gelände ist abgesperrt, weil dort zukünftig mal gebaut werden soll. Und von dem sich leicht zu öffnenden Tor ganz weit rechts wussten wir nichts. Was gut war, denn ich war heiß auf Abenteuer – ist schließlich schon ’ne Weile her, dass ich im neuseeländischen Busch Wildschweine gejagt habe. Wir waren am Anfang des Zaunes, mitte bis links, und die Frage war „ganz am Rand akrobatisch durch diese Sicherheits-Stacheldrähte und die Büsche hindurch, oder oben drüber, oder unten durch?“ Für letzteres haben wir uns dann ganz gesittet entschieden, bzw. liegend und robbend … und selbstverständlich Ladies first! Ich bin dann erst mal ganz unsexy mit meinem Busen am Zaun unten hängen geblieben. Dennis hat daraufhin die Pose gewählt, die man als stage diver als Frau eher nicht machen sollte … ist aber auch hängen geblieben, hehe … Und dann hätte ich mir fast noch mein Gesicht zerschmettert, weil ich diese Zaun-Halteschiene aus dem Augenwinkel nicht gesehen habe. Hab zwar ’ne Sehhilfe, aber mit der nur nach unten geguckt, damit ich zwischen Zaun und Gestrüpp nicht stolpere. Naja zum Glück ist die Brille heile geblieben, der Rest wächst ja wieder.

JA genau, dann waren wir am Gewächshaus! Wir wurden erst mal leicht skeptisch (also war mein erster Eindruck, aber klar, wir kamen auch durch den Zaun) und sehr freundlich von zwei anwesenden Hobby-Gärtnern begrüßt. Und dann aufgeklärt:
Das (ehemalig von der Uni Essen genutzte, aber mittlerweile aufgegebene) Gewächshaus ist nicht mehr illegal. Sondern freundlich gedultet, von der Baufirma, die das ganze Grundstück gekauft hat, und dort in 1 oder 2 Jahren alles abreisst und Neubauten … äh … baut. Und so lange dürfen die Leute dort, also die Gemeinschaftsgarten-Essen Initiative, weiterhin ihr Obst, Gemüse und ihre Kräuter anpflanzen. Und Leute in der Umgebung können gerne vorbei kommen, und bei der Ernte helfen! Oder mitanpflanzen/bewässern/was es halt so zu tun gibt/was Spaß macht. Oder sich einfach nur untereinander austauschen und sich Anpflanz-Tipps zur Selbstversorgung holen.

Ein Hinweisschild im Gewächshaus: Hier sind ALLE herzlich Willkommen, nur bitte macht nichts kaputt!

Ein freundlicher Hinweis für alle Garten-Rabauken!

Wie fantastisch ist das denn?! Und Gemeinschafts-Gärten gibt es mittlerweile in jedem Stadtteil in Essen (oh wishful thinking … ich meinte in so einigen Stadtteilen in Essen, und auch im gesamten Ruhrgebiet … nee, auf der ganzen Welt!)
Und ich hab mal irgendwo gelesen, dass wenn nur 10 % der Menschen ihr Gemüse selber anbauen würden, unser Ernährunsproblem (also das, was noch kommt in naher Zukunft) gelöst wäre! Gefährliches Halbwissen, klar, ich bin ja nur ein citizen journalist, und ich hab mir auch noch keine konkrete Meinung dazu gebildet, wie das damit zusammengeht, dass wir 50 % unserer Lebensmittel eh ungesehen/ungegessen wegschmeißen. Aber wenn mal irgendein Professor seine Meinung dazu abgeben möchte, in den Kommentaren hier, das würde mich sehr freuen.

Nach dem „Sich gegenseitig beschnuppern und ein bisschen schnacken“ mit den Gärtnern starteten Dennis und ich endlich unsere Entdeckungstour über das Gelände. Rechts am Gewächshaus vorbei kam erst mal ein Dämpfer. Hier hatte die Baufirma schon mal gezeigt, wo der Abbruchhammer hängt, und das Gestrüpp, inklusive der Obstbäume (!!!) mit dem Bulldozer platt gemacht. Nur ein einzelner Quitten-Baum war stehen geblieben. (Und mittlerweile weiß ich auch, wofür Quitten überhaupt gut sind ;))
Und wie wir dann von hinten in das Gewächshaus hineingingen, kam ich mir auf einmal vor wie der letzte Hippster, auf ’ner Derelict Building Tour in Berlin, kombiniert mit einer Contemporary Art Installation ganz nach meinem Geschmack!

Die großen Gewächshaus-Hallen mit Tisch und Stühlen und sehr langen Pflanzwannen

Links waren große Gewächshaus-Hallen, ein bisschen Graffiti und zerschmetterte Glasscheiben überall, und mit dem großen Beton-Tisch und den Stühlen an jeder Ecke konnte man sich gut vorstellen, dass hier schon geile Parties stattgefunden hatten. Und rechts waren kleinere, abgetrennte Glas-Räume … die After-Party-Schlafzimmer vermutlich.

Der Steingarten Bett auf BetonfutonGewächshaus-Installation, Raum 4

Und die waren meine eigene, fiktive Kunst-Installation … im ersten Raum eine Liege, aus Feuerwehrschläuchen konstruiert, sowie an die Wanne geschriebene, weibliche Vornamen, in dazu passender, das Feuer-Thema wieder aufgreifender, signalroter Schrift („Was will uns der Künstler wohl damit sagen?!“). Im zweiten Raum ein brachial angelegter, etwas verdörrter, aber sich nicht unterkriegen-lassender Steingarten („Die Natur bahnt sich immer ihren Weg, und Schönheit liegt im Auge des Betrachters, vielleicht?“). Im dritten eine Matratze auf Betonfuton („hmmm, interessant“). Beim vierten Raum war ich mir nicht sicher, ob der schon fertig war, oder so sein sollte (reines, pures Beton … definitiv mein persönliches Highlight!). Im sechsten und siebten Raum klassisches Museums-Gedöns (quasi die ständige Ausstellung) mit Relikten aus längst vergangenen Zeiten: Die ehemalige Pumpen- und Elektronik-Anlage … aber als Ruhrpott-Kind finde ich diese industriellen Installationen mit Schaltschränken, vielen Knöpfen, 50er Jahre Typografie, Stahlrohren, Bolzen und Ventilen ja sehr ästhetisch, die berühren mich immer so mit ihrem Hauch von Heimat-Sentimentalismus :)

Aber zurück zum eigentlichen Thema … Tadaa: Im 5. Raum wurde vorgezüchtet! Hier standen nun also die kleinen süßen Tomaten-Pflänzchen, ganz viele Töpfe mit noch undefinierten Samen (gut beschriftet) und eine Holzkiste mit Pflanzkartoffeln. Und dabei hatte ich mich letztens noch gefragt, wo ich Kartoffeln her bekomme, die Lust haben, sich im eigenen Garten fortzupflanzen! Es wurde also ziemlich heiß im Gewächshaus (es war auch der erste richtig schön warme Frühlingsgefühlstag im Ruhrgebiet) und mein Date und ich rannten schnell wieder raus. Denn das meiste passiert eh draussen – bei diesem visuell wirklich sehr beeindruckenden Gewächshaus-Gemeinschaftsgarten!

Die Gemeinschaftsgärtner Dominik und Rudolf unterhalten sich am Gewächshaus-Fenster

Dominik und Rudolf bei einem kleinen Fenster-Pläuschken … wie man das im Ruhrpott halt so macht :)

Rudolf zeigt uns den Pflanzplan, also eine lose Blätter-Sammlung, für den Wind mit Kieselsteinchen fixiert Dennis pflückt sich ein Blättchen vom GrünkohlDort trafen wir auf Rudolf, den wir gerade erst durch’s Fenster kennengelernt hatten, und der uns nun über Quitten informierte (da kann man ganz leckere Marmelade draus machen), in den Pflanzplan einweihte (damit das alles biologisch-dynamisch-nachhaltig ist, wird im Wechselbau angepflanzt) und uns dann super gastfreundlich direkt dazu einlud, den frischen Feldsalat und den zweijährigen Grünkohl zu probieren … Grünkohl ist ja dieses leckere Blattgemüse, was momentan in Neuseeland und den USA total abgeht, aber in Deutschland als NYC Kale gehypted wird, damit das überhaupt jemand isst, der jünger ist als 40 :) Vielen Dank Rudolf, der Grünkohl war auch roh sehr lecker, brauchte ich gar nicht erst im Backofen zu rösten!

OK, um heut noch zu einem Ende zu finden, dieses war der erste Teil unserer Garten-Tour, den zweiten zur Bonnekamp-Stiftung in Essen-Katernberg schreibe ich ein andermal. Hubertus, der Stiftungs-Vorsitzende meinte auch, ich sollte besser im Juni noch mal wiederkommen, wenn alles so richtig schön grünt, blüht, wächst und gedeiht …

Die Hochbeete auf dem Bonnekamp-Gelände im Frühling – hier gibt's so oder so noch nix zu sehen ;)

Eine Impression unseres wirklich sehr entspannten Nachmittags, auf dem Gelände der Bonnekamp-Stiftung …

Und für alle, die Interesse daran haben, ihr Essen selber anzupflanzen, oder einfach nur mal zur Entspannung rumgärtnern wollen, oder konkret Karotten ernten (wenn sie denn reif sind, kleiner Insider haha) … guckt doch mal bitte auf der Website der Gemeinschaftsgärten Essen.
(Den Link muss ich vielleicht noch mal ändern, den hatte mir Gärtner Dominik so empfohlen, aber auf den ersten Blick geht’s da nur um den Gemeinschaftsgarten im Siepental … muss ich noch mal genau recherchieren, ich Hallodri-Berichterstatter.)

 

Und ja Mama, alle anderen Gemeinschaftsgärten im Ruhrgebiet sind natürlich völlig legal! Und falls du das mal liest: JAAAHAA das nächste Mal pass ich besser auf mich auf, bei Zaundurchquerungen im wilden Busch.
Und wen’s von meinen Freunden interessiert: Dennis hat sich jetzt tatsächlich selber ein Pfund Fair Trade Kaffee gekauft. Einem weiteren Date steht also nix im Weg ;)

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