Der geilste Tag! (Pun intended)

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Elektronik / Kleidung / Konsum
Repaircafe

Ja ich glaube das war er wirklich in diesem jungen Jahr, so far
und ich hatte weder einen lustigen Abend mit Freunden, noch einen Cocktail am Meer bei Sonnenuntergang oder sowas, und habe auch nicht die ganze Nacht durchgetanzt und/oder hatte total guten Sex (also zumindest nicht mit einer anderen Person, aber dazu später … ;D) Trotzdem war im am Ende wunschlos glücklich!

Also was hab ich gemacht? Ich war am Samstag zum ersten Mal auf einer Kleidertausch-Party in der Villa Rü, also in Essen-Rüttenscheid. Und anschließend im Repair-Café. Und wie cool war das denn?!

Kleidertauschparty

Um ehrlich zu sein, ich hatte überhaupt gar nichts zum Tauschen. Hey, ich bin letztes Jahr aus Neuseeland wieder zurück in‘s Ruhrgebiet gekommen, mit nur einem Rucksack. Da passen nicht viele Klamotten rein. Also habe ich natürlich vor der Abreise meinen Kleiderschrank total ausgemistet und eine Clothes Swap Party mit meinen Freundinnen veranstaltet. Hab nicht mal was geswapped, sondern alles nur weggegeben. Bin mit 2 Hosen, 3 Röcken, 6 Kleidern und ca. 20 Oberteilen hier angekommen, und alles davon trage ich noch, sonst hätte ich‘s ja nicht mitgenommen. Und jetzt will ich auf eine Kleidertauschparty gehen, und hab nix zum Tauschen! Und auf der Website schreiben sie, man soll nur ungefähr soviel wieder mitnehmen, wie man mitgebracht hat, na toll. Und ich hätte so gerne mal wieder eine graue Jeans. Das ist eigentlich alles, was ich will. Eine graue Jeans bitte.

Hosen bei der Kleidertauschparty in der Villa Rüttenscheid

So viele Hosen! Und keine graue Jeans. Aber hey, eine „feine” graue Hose habe ich gefunden :D

Eine blaue Jeans (meine derzeit einzige) habe ich Ende letzten Jahres in Deutschland gekauft. Der Preis für eine fair produzierte Biobaumwollhose hat mein Fashion-Budget erst mal für eine Weile gesprengt. Und zu Recht, das ist sie auch wert! Aber sonst habe ich Hosen immer für $10 Second Hand im Op Shop gekauft – OK über Opportunity Shopping schreibe ich besser einen anderen Post, wird hier jetzt sonst zu lang. Nun gut, schön ist sie schon, die K.O.I. Jeans. Nur leider etwas doof, wenn man dann plötzlich 3 kg abnimmt. Welche Frau würde das nicht hassen, wenn die 120 € Hose plötzlich rumschlackert?

Kings of Indigo Label

„Kings of Indigo“ haben so ein schönes Label! Ein Fisch mit Krone und das Innentaschenfutter mit Sternchen … definitiv meine Lieblingshose!

Also was blieb mir übrig? Mama fragen! Mama weiß immer Rat. Und sie hatte tatsächlich 3 Fehlkäufe für mich zum Eintauschen. OK das eine Teil war straight out of the 80s, aber wer weiß, wann die nächste 80er Party in Rüttenscheid steigt?! Zumindest habe ich diese rote Bluse mit extravagantem Kragen und dicken Schulterpolstern am Ende nicht mehr gesehen auf den Tischen. Ich hoffe es hat sich jemand sehr darüber gefreut. Auch war es sehr unterhaltsam, dieses coole Teenie-Mädel in einem anderen Top meiner über-60-jährigen Mutter anzuschauen, es stand ihr so gut! Wer’s tragen kann ;) Danke Mama!

Und zum Glück habe ich am Anfang ein Gespräch belauscht; eine Frau war durch Zufall auf die Kleidertauschparty geraten, sie wollte eigentlich nur in’s Repair-Café (dazu gleich, und ja, es wird noch etwas schlüpfrig aaah), aber die Greenpeace-Mitarbeiterin meinte „Kein Problem, wir nehmen das hier nicht so eng, nehmen Sie einfach alles mit, was Ihnen gefällt.”
Also hab auch ich alle Hemmungen und meine alten Klamotten abgelegt und neue anprobiert und zugeschlagen!
Und soll ich euch jetzt mal sagen, was ich alles erstanden habe? Also … eine graue Jeans habe ich leider nicht gefunden. Aber hey, das wär jetzt meckern auf höchstem Niveau … denn ich habe 4 neue Hosen, 4 Röcke, 4 Tops, 2 Kleider, zig Armreifen und je 1 Bikini-Unterhose (das Oberteil dazu war mir leider zu klein, aber mixen ist doch glaube ich „in” oder? Ach egal, trage ich trotzdem!), 1 Shorts, 1 Pulli, 1 Mütze, 1 Stirnband, 1 Schal, 1 Tasche, 1 Gürtel, 1 paar Schuhe UND einen Blazer (OK bei dem war ich mir nicht so sicher, aber nachdem ein zufällig daher gelaufener Mann und eine sehr nette Rüttenscheider Schicki-Micki Frau ungefragt meinten, dass der mir sehr gut steht, hab ich den Rat mal angenommen und ihn eingepackt).

Bin immer noch total geflasht. Sooo viele Sachen für lau. Und alle gefallen mir echt richtig gut. Hätte ich selber nicht besser kaufen können :D Und ich hasse Shopping!!! Und jetzt ist mein Kleiderschrank fast wieder so voll wie damals in Neuseeland …
What goes around, comes around … Q.E.D.

Alle meine goodies von der Kleidertauschparty

Alle meine Goodies von der Kleidertauschparty!

Dazu kommt dann noch dieses gute Gewissen! Die Greenpeace-Leute hatten kurzerhand noch ein paar Info-Labels in die Kleider eingetackert: „Ein weißes Oberteil verursacht 11 kg CO2 Ausstoß …“ OK ich weiß jetzt nicht, ob 11 kg viel oder wenig sind (ich meine im Durchschnitt verursacht ein Deutscher 14 Tonnen im Jahr …) und ob ein buntes Oberteil mehr CO2 (durch‘s Färben) oder weniger (durch‘s Bleichen) produziert, aber bei einer Weltbevölkerung von bald 8 Milliarden rücken wir besser mal alle ein bisschen zusammen. Ich finde jedes kleine Oberteilchen zählt, und Ressourcen schützen fand ich schon immer geil!

Womit wir beim nächsten Thema sind. Äääh ja. Also auf der Kleidertauschparty meinte ein Mädchen zu mir – und ich fühlte mich echt geschmeichelt, die hat nämlich einfach so einen langen ollen grauen Wollrock mit ihren funky Sneakers kombiniert und sah umwerfend aus, die hätte auch bei Shopping Queen gewinnen können! Sie hatte definitiv guten Geschmack – also sie meinte: „Man ganz im Ernst, ich bewunder dich dafür, dass du so mutig bist … dich einfach hier so umzuziehen.“ (Wir standen alle in einem Gang in der Villa Rü, es gab nur einen Spiegel für alle und keine Umkleide.) Und ich habe nur gelacht. Ich hatte ja vorher extra eine lange Unter-Panty angezogen und antwortete: „Mich kennt ja hier keiner. Ich komm nicht von hier.“ Denn das war meine Standard-Ausrede in Neuseeland in den ersten Jahren, immer wenn ich irgendetwas gemacht habe, was nicht so ganz der „Norm“ entsprach. Aber gelacht habe ich eher aus verlegener Unsicherheit, wohlwissend was mir heute noch bevor stehen würde. „Mädel, mutig ist was anderes …“ dachte ich nur. Und ging noch mal auf‘s Klo. Und probierte verzögerungstatkisch noch ein Kleid an, und noch ein Kleid. Und dann wurde es mal langsam Zeit! Denn ich war schließlich noch on a mission. Das Repair-Café hatte nicht ewig geöffnet. Und ich hatte was Kaputtes in meinem Rucksack mitgebracht, der mittlerweile aus allen Nähten platzte …

Repair-Café in der Villa Rü in Essen

Repair-Café in der Villa Rü in Essen

Repair-Café

Egal, ich bin ja nicht von hier ;) Und wir leben schließlich im 21. Jahrhundert und wir sind alle erwachsen (Hmm na gut, ich weiß jetzt nicht, ob du schon erwachsen bist, aber da ich momentan wohl die einzige bin, die meinen Blog liest, und ich definitiv erwachsen bin, wird das schon stimmen.) Mein Vibrator war defekt. Er rotierte zwar noch, aber das Vibrations-Ei des Typs „Flipper“ vibrierte nicht mehr. Und das ist doch das wichtigste an so einem … ei ei ei … OK ich geh jetzt mal nicht in‘s Detail.

Ich dachte, das kann doch nur ein Wackelkontakt sein. Und das zu reparieren ist doch sicher nur eine Kleinigkeit. Aber welcher Spielzeug-Hersteller nimmt heutzutage schon seine Sachen zurück, um sie wieder instand zu setzten? Und soll ich jetzt eine ganze Stange Plastik-Schrott wegwerfen? Genau! Wie wunderbar, dass es Repair-Cafés gibt, wo nette Leute sind, die ihre freie Zeit spenden, um Sachen zu reparieren und so vor dem Mülltod bewahren!

Also ging ich leicht schweren Herzens die Treppen hoch zum Reparier-Raum, und mein erster Eindruck war „Nein das kann ich nicht bringen”. Ich wurde nämlich von einer Gruppe Omis sehr freundlich begrüßt. Aber hey, „die haben in ihrem langen Leben sicher schon mehr erlebt, als ich“, redete ich mir gut zu. Dazu fielen mir wieder die Worte einer Freundin ein, die bereits Erfahrungen mit dem Repair-Café hatte, und die ich vorher um Rat gefragt hatte: „Nein das kannst du auf keinen Fall machen, da sind nur ältere Herren und einer ist glaube ich Moslem!“ „Naja, ein älterer Mann wäre mir definitiv lieber, als einer in meinem Alter, und Moslems und Vibratoren werde ich mal googlen.“ war meine Reaktion. Also tigerte ich nun etwas im Raum herum, auf der Suche nach einem älteren Herren, der nicht muslimisch aussah. Aber wie erkennt man das jetzt, ohne ’nen Koran in der Hand, fragte ich mich gerade, als ich mit meinem Rucksack, der ja jetzt unerwartet 5 mal so groß war wie vorher, einen Reparierer anstoß, der sich recht erbost umdrehte. Das war kein guter Start, ich brauche ja schon gute Vibrationen, um mich so zu offenbaren, hehe … „Oh sorry, ich guck nur!“ Und was habe ich geguckt! Ich kam mir vor wie bei Daniel Düsentrieb in der Werkstatt. 4 oder 5 Tische, an jedem 2 Reparierer und deren „Kunden” (?), in’s Reparieren vertieft und sich dabei gegenseitig beratend, und all diese Werkzeugkoffer, Elektronenzähler und Teilchenbeschleuniger (o. ä.). Hammer!

Alternativtext – Test

Links: Willi!

Und im hintersten Eck saß mein Traum von einem Reparateur; mittleren Alters, freundliches Gesicht und offensichtlich europäischer Abstammung! Also näherte ich mich ihm vorsichtig und las auf dem Namensschild … Willi. Mein Opa hieß Willi, mein über 30 Jahre altes Rennrad heißt Willi, mein Roller heißt Willi Junior, mein Mountainbike in Auckland heißt Willi The Third. Kurz gesagt ich liebe Willis! Und jetzt rate mal, was ein Kosename für „Penis“ auf englisch ist … ganz genau … Das war definitiv ein Zeichen! Als Willi meine großen Augen sah, fragte er auch direkt sehr höflich, ob er mir behilflich sein könnte. Mein Anliegen habe ich ihm dann in‘s Ohr geflüstert. Und NEIN. Willi macht keine Elektroniksachen („Was repariert man denn dann sonst?“ habe ich mich gewundert, aber nicht zu fragen gewagt), und er hatte auch noch nie so ein Ding gesehen (Hmmm keine Ahnung, ob das ein Scherz war) aber der Dennis, der könnte sowas. „Hey Dennis, die junge Dame hier hat was für dich …”

Na toll! Dennis war ungefähr in meinem Alter, more or less, und sah auch noch recht gut aus. Den hätte ich ganz sicher nicht von mir aus gefragt, weiß auch nicht warum. Aber naja, jetzt mit hochrotem Kopf wieder rauszurennen stellte ich mir auch nicht so sexy vor. Und hey, wer schon mal nach neuseeländischem Starkregen mit ’nem Toyota Landcruiser entlang steil abfallenden Klippen durch einen Wasserfall gefahren ist (und aufgrund der um ihr Leben kreischenden Mutter auf dem Beifahrersitz zu verwirrt war, um das Fenster zuzumachen … danke Mama!), der kann auch einen jungen Mann bezüglich eines Massagestabs um Hilfe bitten …

Und Dennis war so cool! Hoppladihopp hatte er auch schon das Vibrationsei enthauptet und das Problem erkannt: Das Kabel war schlicht und einfach abgekommen, ganz leicht zu reparieren. „Wahrscheinlich extra so locker verarbeitet, damit’s schnell wieder kaputt geht“ war mein erster Gedanke. Der zweite galt meiner zurückhaltenden Freundin, von der ich Dennis erzählte. Und er witzelte ganz locker rum „Komm, soll ich mit dem Dildo in der Hand in die Kamera grinsen?“ Aber dieses Foto zu machen habe ich mich dann leider wirklich nicht getraut. Ich war ja zum Reparieren da, das ganze dann noch auch noch öffentlich zu machen ist noch mal eine ganz andere Schiene. Also zack, Dennis zückte seinen Lötkolben, hat hier und da irgendwas leitfähiges drauf geträufelt, die Kabelenden wieder mit dem Elektro-Ei verbunden … und dann kam der Funktionstest … Und ich schrie nur WOW!

Dildo Repair – Vibrator Reparatur

Ich war so glücklich in diesem Moment, ich wäre Dennis am liebsten um den Hals gefallen. Ich war auch etwas aufgeregt/-gedreht und wollte spontan rumalbern, so à la „Hey ich werde heute abend an dich denken ;)“ … Aber irgendwie dachte ich, das wäre vielleicht etwas unpassend, wie in einem klischeehaften Film (und den Smiley hört man schließlich kaum, und zwinkern wollte ich in dem Moment auch nicht, aaah). Und meine Entzückung war in erster Linie dadurch begründet, dass diese Reparatur nur ca. 5 Minuten dauerte. Wie viele Vibratoren könnten vor der Müllverbrennung bewahrt werden, wenn nur alle über die Einrichtung von Repair-Cafés wüssten! Aber klar, in diesem Moment haben wir schon eine gewisse Aufmerksamkeit im Raum erzeugt. So What? Ich bin mir sicher, die Reparateure haben sich bei ihrem anschließenden gemeinsamen Essen über diese Anekdote noch ein bisschen amüsiert. Und natürlich hatte ich auch noch meinen Spaß an diesem Abend, als ich George später zu Hause noch etwas weiter ausgetestet habe.

„Nimm den nicht zu hart ran“ meinte Dennis noch zum Abschied … und ich so „Nein nein! Erstmal ganz gediegen“ – gesagt, aber “Ach Quatsch, direkt an die Grenzen bringen das Teil“ – gedacht. Tja was soll ich jetzt noch sagen …

Tausend dank lieber Dennis und lieber Willi, danke ans Repair-Café Essen und die Greenpeace Essen Kleidertauschparty!
Für den geilsten, besten, nachhaltigen Tag in diesem Jahr :)

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